Modler und Grimm.
Und Grimm und Modler.
Ein Dirigent, Improvisator, Komponist. Und ein Buchautor, Essayist, Songwriter. Altersdifferenz dreißig Jahre. Der eine aus der Großstadt, der andere vom Dorf. Das ist das Duo Modler und Grimm.
Wenn Modler in einer finsteren Kirche Gedichte liest und keucht und singt, antwortet Grimm ohne Vorbereitung und frei improvisiert mit der Orgel von der Empore, flüsternd und brachial, differenziert und unerwartet. Dazwischen sind 100 Meter Raum, in den sich beide hineinstürzen und nie vorher wissen, was dabei herauskommt.
So haben Modler und Grimm schon viele Jahre lang Musik gemacht. Improvisation hat dabei immer einen mächtigen Anteil. Rhythmus streng machen und dann komplett aufgeben, einen Faden in die Luft werfen und daran emporklettern. Auf diese Weise wurde schon Barockdichtung belebt ebenso wie expressionistische Lyrik, alte heilige Texte ebenso wie Dada. Am 28.11.2021 ging es ausschließlich um die Gedichte von Friedrich Hölderlin. Das, was an diesem Abend sehr spontan entstand, hat sie so gefreut, dass sie den Live-Mitschnitt hier veröffentlichen. Weil das improvisierte Spiel zwischen dem Musiker (der auch zum Sprecher wird) und dem Sprecher (der auch mal zum Sänger wird) für beide Beteiligte so unvorhersehbar ist, ist das Ergebnis ja auch völlig offen. In diesem Fall war es in einer Weise geglückt, die ein Geschenk war. So entstand das Album „Zu wild, zu bang“.
Etwas völlig anderes ist das Album „Dem Tod gehört auf’s Maul“. Es ist kein Live-Mitschnitt, sondern eine Studioaufnahme. Und es umspannt Blues und Walzer ebenso wie Tango und Swing. Der Texter Modler hat dafür, genau, getextet, auch die Melodien stammen von ihm; doch bereits das Aufschreiben in einem Notensystem bekommt er ohne den musikalischen Profi Grimm gar nicht hin. So etwas wie ein Arrangement sowieso nicht. Das erledigt dann Grimm, mit Bravour, und so etwas wie den Lead im Studio sowieso. Was Grimm sofort auffiel, Modler aber erst während der Produktion des Albums realisierte: wie intensiv Tod, Leiden und Sterben vorkamen. Vielleicht, weil der ältere Texter wahrscheinlich schneller dorthin unterwegs ist? Offensichtlich ist aber keine Depression vorherrschend, eher eine gewisse grobe Spottlust, ein Unterton von hard facts und Beschwingtheit. Was kann man schon machen mit dem Tod? Vielleicht am ehesten dazu singen. Oder tanzen…
Die meisten Songs sind im Text selbsterklärend. Die zwei Texte in Kaiserstühler Alemannisch bleiben so stehen wie sie klingen, unübersetzt. Mit „Brigitt“ ist Brigitte Schneller gemeint, eine Grande Dame aus dem Südwesten mit einem Hang zu Kunst und zu badischen Genüssen. Sie hatte ein intensives und mutiges Leben, aber die letzten Monate bis zu ihrem Tod verbrachte sie in Demenz. Aus der stimmlichen Improvisation Modlers mit Rita Jerke über alte Kinderverse entstand die Idee, so etwas für Erwachsene zu machen – im selben sprachlichen Rhythmus, aber mit unverschlüsselteren Texten („Gugigagi“).
Für die Produktion des Albums haben Modler und Grimm dann zwei musikalische Profis aus dem Jazz ins Studio eingeladen: den - imnzwischen leider verstorbenen - Ihringer Wolfgang Fernow mit seinem Kontrabass, der sofort (ohne jede vorherige Probe) verstand, um was es hier ging. Und den Freiburger Frank Bockius, der dort ein derart differenziertes Schlagzeug einbrachte, dass es die reine Freude war.
Modler & Grimm
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